Die Baracke: Utopie der Moderne und biopolitische Praxis
Projektseminar für Studierende der Architektur und Medienkultur der Bauhaus-Universität Weimar, Wintersemester 2004/05

Die transportable Baracke ist eine signifikante Gebäudeform der Moderne, in ihr überlagern sich gesellschaftliche, technologische und kulturelle Koordinaten dieser Epoche. Ihr modulares Konstruktionsprinzip und der damit verbundene Anspruch auf universelle Nutzbarkeit z.B. als Lagerarchitektur sind nur einige Stichworte dafür. Die Baracke hat den politischen Raum der Moderne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt. Bei militärischen und zivilen Mobilmachungen war sie ebenso wenig verzichtbar wie bei biopolitisch motivierten Festsetzungen großer Menschengruppen für begrenzte Zeit. Aber nicht nur für Soldaten, Gefangene, Vertriebene oder Katastrophenopfer diente die Baracke als Behausung. Mit diesem Gebäudetyp verbinden sich auch viele andere Nutzungen, etwa als Kinosaal, Kurheim, Verwaltungsbüro oder als Repräsentationsarchitektur des deutschen Kaisers.

Das Seminar fragt nach dem Einfluss, den die Baracke auf die Konstituierung des politischen Raumes der Moderne hatte. Es wird sich dem komplexen Gegenstand über die konkrete Geschichte der weit verbreiteten Doecker-Baracken nähern, die die Firma Christoph & Unmack (Niesky) hergestellt hat. An Beispielen aus der umfangreichen Produktpalette von Europas größter Holzbaufirma lassen sich wichtige Konzepte der Moderne diskutieren und theoretisch fundieren. Fragen nach Sozialfürsorge und Sozialkontrolle, Sicherheit und Ordnung, Hygiene und Bio-Politik spielen dabei ebenso eine Rolle wie Architektur als normiertes und serielles Produkt.