Hauptseminar im Wintersemester 2010/11
Prof. Dr. Volkhard Knigge / Dr. Axel Doßmann

Eine Erinnerungslandschaft entsteht
Zur kulturellen und politischen Konstruktion von Gedächtnis am Beispiel der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit in Thüringen


Derzeit erarbeitet eine Historikerkommission Empfehlungen für eine Landesförderkonzeption „Gedenkstätten und Lernorte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“. Empfehlungen einer Vorgängerkommission wurden von der Landesregierung nicht aufgegriffen. Wie soll die bereits vorhandene Erinnerungslandschaft – Grenzmuseen, Haftanstalten, bürgerschaftliche Initiativen – in Zukunft ausgestaltet, institutionell verfasst und finanziell gefördert werden? Wie kann die Arbeit bestehender Initiativen und Einrichtungen geschichtswissenschaftlich und geschichtsdidaktisch fundiert und professionalisiert werden? Wie immer, wenn Geschichte öffentlich gedeutet und dargestellt wird, stehen sich dabei unterschiedliche Bezüge zur und unterschiedliche Umgangsweisen mit Vergangenheit in teils heftigem Konflikt gegenüber: individuelle Erinnerungen und Erfahrungsgedächtnis, geschichtspolitische Ansprüche und (Deutungs-)Interessen, geschichtswissenschaftliche und geschichtsdidaktische Erfordernisse. Ein besonders aufschlussreiches Beispiel hierfür ist die Diskussion über die Frage, wie ein ehemaliges Bezirksgefängnis in Erfurt (Andreasstraße), das in Teilen auch von der Stasi genutzt worden ist, in eine Gedenkstätte und einen Lernort umgestaltet werden kann.
Mit Bezug auf das Thüringer Beispiel werden grundsätzliche Fragen und Debatten der Entwicklung eines DDR-Gedächtnisses nach 1990 erarbeitet, Leitkategorien wie Erinnerung, Gedächtnis, Geschichtsbewusstsein erschlossen und überprüft sowie die Praxis von Gedächtniskonstruktion analysiert.

Das Hauptseminar gliedert sich in zwei unmittelbar aufeinander bezogene Teile und wird mit 4 SWS veranschlagt. Im ersten Teil werden Entwicklungsschritte, Debatten und Begriffe von grundsätzlicher Bedeutung für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte erarbeitet. Der zweite Teil wendet sie auf die Thüringer Situation an. Um möglichst konkret und plastisch vorzugehen, werden wir Thüringer Museen, Gedenkstätten und Ausstellungen besuchen. Der zweite Teil findet deshalb in Form von drei Kompaktseminaren statt.